Über mich

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Kanton Zürich, Switzerland
* geboren 1973 * glücklich verheiratet * Diagnose Brustkrebs vom Typ triple negativ im Alter von 38 J. * zum Zeitpunkt der Diagnose in der 33. Schwangerschaftswoche und Mutter eines 3 1/2-jährigen Sohnes und einer 2-jährigen Tochter

Bloggen - wozu?

Bloggen - wozu?

Nachdem ich die Hardcore-Therapie hinter mich gebracht habe, dient mir dieser Blog zum persönlichen Verarbeiten, vor allem auch rückblickend auf die einschneidendsten Erlebnisse. Darüber hinaus hoffe ich, Kontakt zu Leidensgefährtinnen zu knüpfen, die es da draußen in so erschreckend großer Zahl gibt. Und nicht zuletzt sind meine Blogeinträge auch für meine Familie und Freunde verfasst, die mich seit der Diagnose auffangen und mir tatkräftig zur Seite stehen. Der Blog ist leider nicht immer auf dem aktuellen Stand, ich arbeite aber im Rahmen meiner Möglichkeiten daran, das zu erreichen. Die Nummerierung der Titel entspricht der Chronologie der Geschehnisse. Hier könnt ihr lesen, wie sich im Januar 2011 mein Leben auf den Kopf gestellt hat.

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Das Neueste: ... es geht mir gut :-) und das auch dank eines weiteren Hakens auf meiner Bucket-List, mein eigener Hund bzw. Hündin, die mir seit einem halben Jahr so viel gibt und mich positiv fordert, erdet und mir hilft, wieder mehr (innere) Ruhe in mein Leben zu bringen.

7. Chemo - Freund oder Feind? (Rückblick)

Die Tage nach dem Gespräch mit meinem Onkologen verbringe ich in einem tiefschwarzen Loch mit Sturzbächen an Tränen und bemitleide mich selbst. Ich verzweifle bei dem Gedanken, dass ich diese Welt vielleicht schon bald verlassen muss, gerade jetzt, wo alles so schön sein könnte, ich fühle mich wohl im Job, habe meine eigene Familie, die ich über alles liebe. Motivationssprüche von außen nach dem Motto „DU MUSST KÄMPFEN!“ ziehen mich nur noch mehr ins Loch. Das weiß ich nämlich schon, nur leider klemmt der Schalter gerade, der mir einen positiven Energieboost gibt. Wie lerne ich nur damit umzugehen, dass die reelle Möglichkeit besteht, dass mich diese blöde Krankheit dahinrafft. Ich male mir aus, wie meine letzten Tage aussehen würden, wie ich an irgendwelchen Maschinen hänge, um noch ein paar Tage hinzuzugewinnen, wie meine Kinder und mein Mann leiden würden.
STOPP ....! So will ich mein Leben nicht verbringen, mit der permanenten Panik und diesem Gefühl der Verzweiflung. Selbst wenn alles schlimmer als schlimm kommen sollte, dann will ich doch stark sein, für mich, aber auch für die Menschen, die ich liebe. Aber wie schaffe ich das, ich fühle mich so unendlich leer.
Ich bekomme Ratschläge von allen Seiten, solle doch zu einem Medium, zu einer Wahrsagerin oder zur Hypnose oder zu einem Psychologen oder die Misteltherapie machen. Oder, oder, oder ... und, und, und ...
In meiner Verzweiflung kontaktiere ich meine Akupunkteurin, die mich in der Vergangenheit schon aufgerichtet hat und vereinbare einen Termin. Dann surfe ich im Internet und finde eine Hypnotiseurin in meiner Gemeinde, die mir am Telefon gleich sympathisch ist. Die Suche nach einer Psychologin gestaltet sich schwieriger und wird auch länger dauern. Wie ich all die Termine mit den drei Kindern - vor allem mit dem Baby - hinbekommen soll, weiß ich noch nicht. Aber ich weiß, dass ich meine „alte“ Motivation zurückhaben muss, um wieder gesund zu werden. So verbringe ich die Tage bis zur ersten Chemo mit dem Lesen zahlreicher Motivationsbücher, Erfahrungsberichte, Broschüren und vielem mehr. Die Akupunktur und auch die Hypnose zeigen Wirkung, ich gewinne allmählich wieder Stärke zurück, aber die übermenschliche Kraft, die ich nach der Diagnose spürte, die bleibt diesmal aus.
Mit meiner Hypnotiseurin bespreche ich immer wieder die Bilder, die sie mir während der Sitzungen suggerieren soll. Ich stelle mir die Chemo-Infusionen wie farbiges Licht vor, das in meinen Körper strömt. Heilendes Licht, das meinen Körper und meine Seele erhellt und so die gesunden Zellen stärkt und alle kranken Zellen aufspürt und in gute Zellen verkehrt. Die Chemo soll mein Freund sein, der mich gesund macht, nicht mein Feind, der mir weh tut und mich vernichtet.
Mit diesem Bild vor Augen starte ich also in die erste Chemo. Mein Mann begleitet mich. Der Chemo-Raum des Brustzentrums ist klein, etwa fünf bis sechs Frauen finden Platz. Er ist zwar mit den weißen Wänden und mit dem Blick zur Mitte des Raumes nicht wirklich heimelig, aber die Fröhlichkeit der Plegefrauen gleicht das mehr als aus. Neben meinem Mann begleiten mich noch Rossi, das Stoffpferdchen meines Sohnes und mein Notizbuch, das mir Tagebuch und Erinnerungshilfe zugleich ist.
Die Infusion ist angehängt und „Campari“, wie es die Schwestern nennen, strömt über einen Port, der mir beim Brustbein eingesetzt wurde, in meine Venen. Ich sehe mir die anderen Frauen, meine Leidensgenossinnen, an, und stelle fest, dass sie alle ohne Ausnahme eher griesgrämig blicken. Steht mir das nun auch bevor, ein griesgrämiger, leerer Blick? Ich nehme mir nun erst recht vor, die Chemos als meinen Freund zu betrachten. Ich verspüre nicht das Bedürfnis zu reden, also fange ich an, in mein Notizbuch zu kritzeln. Nach und nach entsteht eine Zeichnung, Rossi, das gestreifte Stoffpferdchen, ist darauf in Siegerpose zu sehen, umgeben von einem Blumenmeer und in strahlendem Sonnenlicht. Daneben schreibe ich einen kleinen Tagebucheintrag: „Mein Kampfgeist ist zurück. Bin selber überrascht, wie positiv und locker ich’s nehme. Glaube daran, dass ich die schlimmsten Nebenwirkungen abwehren kann. Und wenn nicht, dann nehme ich sie an. Die Chemo HILFT mir, sie ist mein Freund. Und deshalb sage ich, dass ich das mithilfe der Chemo schaffe. Vielleicht überrasche ich mich und alle und habe überhaupt keine Nebenwirkungen, das wärs doch.“ (Tagebucheintrag vom 3.3.2011)
Nun ja, ich schlucke dann bereits auf dem Heimweg im Auto diverse Tabletten, um die einsetzenden Nebenwirkungen der Zytostatika einzudämmen und – dem Doc gehorchend – meinen Körper ja nicht auf Nebenwirkungen zu konditionieren, also runter mit Motilium und Paracetamol gegen die Übelkeit und die Kopfschmerzen. Gegen Schwindelanfälle und Hitzewallungen gibt es leider kein wirksames Gegenmittel und gegen Panikattacken und unbändige Müdigkeit auch nicht, aber ins Bett kriegt mich die Chemo tagsüber dann doch nicht. Denn dann wird „frau“ erst richtig krank. Leider übertrumpft mich die Müdigkeit meist abends auf dem Sofa schlagartig, sobald ich mich hinsetze. Innerhalb weniger Sekunden schlafe ich felsenfest ein. So soll es mir die nächsten fünf Monate ergehen. Verschärft wird die Müdigkeit noch durch Lina, die in den ersten Lebenswochen nachts ihre Flasche verlangt. Ich segle nur noch auf Halbmast.

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